Herzlich willkommen zur neuesten Ausgabe der Presseschau. Die vergangenen zwei Wochen wurden mehrere Entwicklungen zu stillgelegten Kernkraftwerken beleuchtet: Brokdorf, Krümmel und Biblis rücken mit Rückbauplänen und Nachnutzungskonzepten in den Fokus. Auch die Debatte um den Einfluss geplanter Kernkraft-Rückkehrpläne auf die Endlagersuche wurde aufgegriffen. Internationale Nachrichten umfassen die Klage gegen das grüne EU-Label für Atomkraft sowie Schwedens Genehmigung für den Bau eines Endlagers. Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre!
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Entwicklungen im Abbau und der Entsorgung von Kernkraftwerken
Das Gelände des ehemaligen Kernkraftwerks Biblis wird derzeit zurückgebaut, was voraussichtlich bis Mitte der 2030er-Jahre dauern wird. Um das Areal nach dem Rückbau sinnvoll zu nutzen, hat der Kreis Bergstraße eine Kooperationsvereinbarung mit RWE und anderen Partnern unterzeichnet, um eine nachhaltige gewerbliche Nachnutzung zu fördern. Geplant sind energiewirtschaftliche Projekte wie Batteriespeicher oder Gaskraftwerke, während erneuerbare Energien aufgrund von Naturschutzauflagen ausgeschlossen sind. Währenddessen fordert die Gemeinde Biblis dringend neue Einnahmequellen, da nach dem Atomausstieg jährliche Einnahmen aus Gewerbesteuern fehlen, und es gibt Bemühungen um finanzielle Unterstützung vom Bund, ähnlich wie für Regionen mit Kohleausstieg:
• SWR AKTUELL
• FAZ
Das Kernkraftwerk Krümmel in Geesthacht steht kurz vor dem Beginn des Rückbaus, nachdem der Deutsche Bundestag im Zuge des Atomausstiegs 2011 die Abschaltung beschlossen hatte. Vor dem eigentlichen Abbau muss das Dach der Anlage für rund 400.000 Euro saniert werden, um den sicherheitstechnischen Anforderungen zu genügen. Der Rückbau startet im Inneren der Anlage mit der Zerlegung der Einbauten des Reaktordruckgefäßes und soll etwa 15 Jahre dauern. Ein Großteil des Abfalls wird gereinigt und recycelt, während schwach- und mittelradioaktive Materialien nach einer Genehmigung ab 2025 im Zwischenlager auf dem Gelände gelagert werden sollen:
• LAUENBURGISCHE LANDESZEITUNG (Bezahlinhalt)
Der stark wachsende Energiebedarf durch KI-Anwendungen hat Tech-Giganten wie Google, Microsoft und Amazon dazu veranlasst, in Atomkraft zu investieren, um ihre Rechenzentren mit Strom zu versorgen. Sie setzen dabei auf kleine modulare Reaktoren (SMRs), die als Ergänzung zu erneuerbaren Energien dienen sollen. Während Befürworter dies als Schritt zur Klimaneutralität sehen, gibt es Kritik an den Risiken und hohen Kosten der Mini-AKWs. Die Frage der nachhaltigen Energieversorgung bleibt umstritten, insbesondere wegen der ungelösten Atommüllentsorgung:
• ZEIT ONLINE
• BR24
• ZDF HEUTE
Der Rückbau des Kernkraftwerks Brokdorf kann beginnen, nachdem die erste Teilgenehmigung dafür erteilt wurde. Das Kraftwerk wurde 2021 abgeschaltet, und der Betreiber Preussen Elektra plant, den Rückbau bis 2035 abzuschließen. Parallel dazu soll auf dem Gelände der größte Batteriespeicher Europas entstehen. Während der Genehmigungsbescheid zwei Wochen lang öffentlich ausgelegt wird, besteht in dieser Zeit die Möglichkeit, rechtliche Einwände einzureichen:
• NDR
• T-ONLINE
• ZEIT ONLINE
Der Rückbau des ehemaligen Endlagerbergwerks in Gorleben verzögert sich weiter, und Beschäftigte sollen in Zwangsurlaub geschickt worden sein. Das dementiert die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE). Laut BGE warten wichtige Genehmigungen des Landesbergamts noch auf Anpassung. Zudem kostet die Offenhaltung des Standorts monatlich rund eine Million Euro, und die endgültige Verfüllung könnte erst Anfang 2025 beginnen. Dies sorgt für Unmut, da Befürchtungen bestehen, dass Gorleben doch als Endlager genutzt werden könnte:
• NDR
In Lingen rufen zahlreiche Anti-Atomkraft-Organisationen zu einer Demonstration auf, um gegen eine mögliche Kooperation der Brennelementefabrik vor Ort mit dem russischen Atomkonzern Rosatom zu protestieren. Die Beteiligung von Rosatom, im Rahmen eines Projekts der französischen Firma Framatome, würde die Brennelementherstellung für osteuropäische Kernkraftwerke ermöglichen, die russische Brennelemente benötigen. Die Demonstranten befürchten jedoch, dass die Fabrik zu einer „Außenstelle der russischen Atomindustrie“ wird und Sicherheitsrisiken wie Spionage und Sabotage steigen könnten. Eine Erörterung zu diesen Erweiterungsplänen ist für den November angesetzt:
• ZEIT ONLINE
Die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) setzt ihren seit 15 Jahren bestehenden Sonntagsspaziergang in Gorleben fort, um weiterhin auf die ungelösten Fragen der Atommülllagerung aufmerksam zu machen. Die regelmäßigen Proteste, die vor dem ehemaligen Erkundungsbergwerk stattfinden, sollen an die Risiken erinnern und sicherstellen, dass Gorleben auch nach dem offiziellen Ende der Endlagersuche in der Region nicht wieder als Standort in Betracht gezogen wird. Trotz der Entscheidung, Gorleben nicht als Endlager zu nutzen, besteht die BI darauf, den Standort kritisch zu beobachten und fordert den vollständigen Rückbau:
• SZ
Aktuelle Stimmen
Der Präsident des Bundesamts für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), Christian Kühn, warnte davor, dass die Pläne der Union (CDU und CSU) zur Wiederaufnahme der Kernenergie die laufende Suche nach einem Atommüllendlager in Deutschland gefährden könnten. Die erneute Nutzung von Kernkraftwerken würde zu zusätzlichen Abfällen führen, was das Verfahren zur Standortsuche belasten würde. Kühn betonte, dass die Endlagerdebatte nicht für parteipolitische Auseinandersetzungen geeignet sei und appellierte an die Parteien, den bestehenden parteiübergreifenden Konsens nicht zu gefährden, um eine Lösung zu finden:
• ZEIT ONLINE
• WELT
Im Interview erläutert Alice Thiel-Sonnen von der SWR-Umweltredaktion die geplanten Atommülltransporte von Frankreich nach Philippsburg. Vier Castoren mit hoch radioaktivem Abfall werden per Schiene transportiert, als Teil eines 2021 getroffenen Kompromisses, um 157 Behälter mit schwächer strahlendem Abfall zu ersetzen. Die Verteilung des Mülls auf verschiedene Zwischenlager in Deutschland soll die Verantwortung unter den AKW-Betreibern aufteilen. Es bleibt jedoch offen, wie die Zwischenlager nach Ablauf ihrer Genehmigungen genutzt werden sollen, da ein Endlager erst in Jahrzehnten verfügbar sein wird:
• SWR AKTUELL
Internationale Nachrichten
EU: Der Europäische Gerichtshof verhandelt derzeit eine Klage von Österreich gegen die Einstufung von Atomkraft und Gas als „nachhaltige“ Investitionen im Rahmen der EU-Taxonomie. Die Taxonomie-Verordnung zielt darauf ab, grüne Finanzierungen zu fördern und den Übergang zur Klimaneutralität bis 2050 zu unterstützen, indem bestimmte Energiequellen als klimafreundlich eingestuft werden. Österreich argumentiert jedoch, dass Atomenergie nicht nachhaltig ist und erhebliche Umwelt- und Sicherheitsrisiken birgt, einschließlich ungelöster Probleme bei der Endlagerung von Atommüll. Unterstützt wird die Klage von Luxemburg sowie verschiedenen Umweltorganisationen, die darin einen Versuch der „Greenwashing“ sehen und auf die Förderung erneuerbarer Energien setzen:
• HEISE
• HANDELSBLATT
Schweden: Ein schwedisches Gericht hat den Bau eines Endlagers für Atommüll in Forsmark – ca. 130 Kilometer nördlich von Stockholm gelegen – genehmigt. In etwa 500 Metern Tiefe sollen 12.000 Tonnen radioaktiver Abfall für bis zu 100.000 Jahre gelagert werden. Die Abfälle werden dazu in kupferbeschichteten Kanistern in Tunneln deponiert, die mit Bentonit-Gestein aufgefüllt werden sollen, um Austritt bei Erdbeben oder Wassereinfluss zu verhindern. Schweden gehört damit zu den wenigen Ländern, die eine langfristige Lösung für Atommüll entwickelt haben, neben Finnland, das ein ähnliches Lager betreibt. Die Genehmigung läuft zunächst für 70 Jahre, kann aber verlängert werden, falls Schwedens Atomkraftprogramm weiterläuft:
• FAZ
• T-ONLINE
Bildquelle: BGE