Presseschau vom 25.10.2019

Wir begrüßen Sie herzlich zu einer neuen Ausgabe der Presseschau. Neben einigen Beiträgen aus Deutschland ist der Fokus dieser Woche auf das Ausland gerichtet: Frankreich wolle nicht nur bereits bestehende Reaktoren länger als geplant in Betrieb halten, sondern die Kernkraft in den kommenden Jahren ausbauen. Auch in Tschechien ist man der Auffassung, ohne Kernkraft den Ausstieg aus der Kohle nicht bewältigen zu können. In der Schweiz ist man irritiert über Aussagen einer deutschen Staatssekretärin, während in den USA über die Kernkraftwerke der 4. Generation nachgedacht wird.

Beim seit 2018 laufenden Rückbau des Kernkraftwerkes Unterweser sei laut SN Online weiter unklar, wohin der Bauschutt gebracht werden kann. Eine Entscheidung über die strahlenschutzrechtliche Eignung der knapp 20 Kilometer entfernten Deponie Brake-Käseburg im Kreis Wesermarsch sei noch nicht in Sicht. Die Prüfung sei noch nicht abgeschlossen, sagte dem Blatt zufolge eine Sprecherin des niedersächsischen Umweltministeriums. Derzeit werde ein Gutachten überarbeitet, das dann vom Betreiber PreussenElektra zur erneuten Prüfung eingereicht werde:

SCHAUMBURGER NACHRICHTEN ONLINE

Kraftwerksbetreiber RWE Nuclear baut derzeit an drei Standorten ehemalige Kernkraftwerke zurück, dazu zählt unter anderem das 1985 außer Betrieb genommene Kernkraftwerk in Lingen. Jetzt habe laut NOZ RWE Nuclear die Aufträge für die nächsten Großprojekte an den drei Standorten vergeben. Dem Unternehmen zufolge werden derzeit die Dampferzeuger der Standorte Lingen, Biblis und Mülheim-Kärlich abgebaut. Im Anschluss daran solle der Rückbau der Anlagen mit dem jeweiligen Herzstück der Anlage, dem Reaktordruckbehälter (RDB) und seinen Einbauten fortgesetzt, heiße es in der Pressemitteilung:

LINGENER TAGESPOST

Umweltverbände und Bürgerinitiativen haben laut eines Beitrags der NWZ Online eine Großdemonstration gegen die Kraftwerksanlagen des KKW in Lingen angekündigt. Sie solle am 26. Oktober am Lingener Bahnhof beginnen, teilte das Bündnis „AtomkraftgegnerInnen im Emsland“ mit. Der Aufruf werde von mehreren Dutzend Organisationen aus ganz Deutschland unterstützt. In Lingen betreibt der Energiekonzern RWE ein Kernkraftwerk, außerdem ist dort die einzige deutsche nukleare Brennelementfabrik ansässig. Im Sommer seien während der Revisionsarbeiten im AKW gefährliche Risse im Verdampfersystem entdeckt worden, bemängelt das Bündnis. Die Rohre seien zwar verschlossen, es seien aber nicht alle Rohre untersucht worden, so die Initiatoren:

NWZ ONLINE

Der Rückbau des 2011 abgeschalteten Meilers in Philippsburg ist zwar bereits seit 2017 in vollem Gange, jetzt soll es laut Bruchsaler Zeitung aber ans „Eingemachte“ gehen: an das Abklingbecken oberhalb des Reaktordruckbehälters, an das biologische Schild, das den Reaktorkern umgibt, weitere Betonteile sowie den Reaktorkern. Dach und Wände sollen vorerst nicht angetastet werden, betonte ein Manager des Betreibers EnBW. Bedenken werden von Seiten verschiedener Umweltverbände geäußert. Dabei gehe es um zwei Kernpunkte: Zum einen wird befürchtet, dass kontaminierter Staub beim Zerlegen entsteht und nicht aufgefangen werden kann, zum anderen geht es um Messmethoden und Grenzwerte beim Zerlegen und sogenannten „Freimessen“ des Schrotts, der einmal ein Kernkraftwerk war:

BRUCHSALER RUNDSCHAU

Das seit 1986 am Netz befindliche französische Kernkraftwerk Cattenom soll auch die nächsten Jahre Strom produzieren. Das gehe laut eines Artikels der Saarbrücker Zeitung aus einer Antwort der Bundesregierung auf Anfrage der Bundestagsabgeordneten Sylvia Kotting-Uhl (Grüne) hervor. Betreiber EdF wolle beantragen, die Laufzeiten für 50 AKW in Frankreich zu verlängern:

SAARBRUECKER ZEITUNG

Frankreich richtet sich auch laut eines Berichts der Zeitung für kommunale Wirtschaft nach Einschätzung des Energiekonzerns EDF auf den Bau neuer Kernkraftwerke ein. Eine Entscheidung darüber müsse von der Politik getroffen werden, werde Konzernchef Jean-Bernard Lévy in der Tageszeitung „Le Monde“ zitiert. Laut des Blatts bat die französische Mitte-Regierung den Konzern offiziell, die Machbarkeit von sechs Reaktoren vom Typ EPR (Europäischer Druckwasserreaktor) im Land zu untersuchen. „Es ist deutlich, dass sich Frankreich darauf vorbereitet, neue Atomkraftwerke zu errichten“, sagte Lévy demnach. „Man hat mich gebeten, eine Entscheidung für Mitte 2021 vorzubereiten.“

ZEITUNG FÜR KOMMUNALE WIRTSCHAFT

Tschechien will laut der österreichischen Kleine Zeitung nach dem KKW-Neubau in Dukovany auch das umstrittene bestehende Kernkraftwerk Temelin ausbauen. Dies sagte der tschechische Industrie- und Handelsminister Karel Havlicek dem Nachrichtenserver iDnes.cz zufolge. „Im Zeitraum von fünf Jahren erwartet uns eine neue Diskussion über den Atomausbau. Ich bin mir fast sicher, dass wir einen Ausbau Temelins nicht vermeiden können.“ Als „völlig unrealistisch“ bezeichnete er die Idee, die Kohle künftig durch erneuerbare Quelle und Gas zu ersetzen, „falls man nicht finanziell ausbluten will“. „Und auch wenn wir das wollten, könnte man das höchstwahrscheinlich nicht meistern. Für Windkraft haben nicht geografischen Bedingungen und für Solarenergie müssten wir die Hälfte des Landes mit Paneelen verbauen“, so der Politiker:

KLEINE ZEITUNG

Pikiert berichtet die NZZ über eine Vorstoß des deutschen Umweltministeriums. Demnach habe das deutsche Umweltministerium versucht, Einfluss auf die Laufzeiten der Schweizer Kernkraftwerke zu nehmen. Das Ministerium veröffentlichte eine Pressemitteilung, die allerdings bislang wenig Beachtung gefunden hätte. Darin heiße es, Rita Schwarzelühr-Sutter, die parlamentarische Staatssekretärin des Ministeriums und Bundestagsabgeordnete der SPD, habe sich wegen der Kernkraftwerke mit einem Schrieben an die Schweizer Bundesrätin für Umwelt, Simonetta Sommaruga, gewandt. Die Staatssekretärin setze sich dafür ein, das unweit der Grenze zu Deutschland gelegene Atomkraftwerk Beznau „schnellstmöglich“ abzuschalten. Der Staatssekretärin geht es aber nicht nur um diese Anlage. Sie möchte, „dass auch die übrigen Schweizer Atomkraftwerke zeitnah ihren Leistungsbetrieb einstellen“. Auf welcher Grundlage die Schweiz ihre Nachbarn konsultieren sollte, wenn es um die nationale Energieversorgung geht, wollte das deutsche Umweltministerium laut NZZ auf Nachfrage nicht beantworten:

NZZ

Das Nachrichtenportal Watson beschäftigt sich mit den Initiativen des US-Unternehmers und Microsoft-Gründers Bill Gates, der sich für neue Techniken in der Kernenergiegewinnung einsetzt. Die Kernkraftwerke der vierten Generation, auf die Gates seine Hoffnungen setzt, beruhten im Gegensatz zur sogenannten dritten Generation auf einem grundlegend anderen Konzept. Die Anlagen der dritten Generation stellen lediglich eine sicherheitstechnisch verbesserte Weiterentwicklung der Druck- und Siedewasserreaktoren der zweiten Generation – die ersten kommerziellen Kernkraftwerke – dar. Das Konzept der Flüssigsalz- und Laufwellenreaktoren sei allerdings nicht neu – bereits in den Fünfzigerjahren wurde über diese Technologien nachgedacht. Sie sollen die Kernenergie effizienter nutzen und sicherer machen. Zugleich sollen sie quasi nebenbei das Problem des Atommülls lösen:

WATSON