Herzlich Willkommen zu einer neuen Ausgabe der Presseschau. Die Berichterstattung der letzten Wochen zum Thema Kernkraft und Rückbau war besonders geprägt von gleich mehreren meldepflichtigen Ereignissen oder Störungen in KKW in Deutschland, Europa und der Welt. Ein weiterer Schwerpunkt unserer Auswahl für die aktuelle Presseschau sind Berichte über neue unternehmerische Initiativen, um durch neue Technik sichere und flexiblere Methoden zur Gewinnung von Kernenergie zu entwickeln.
Im stillgelegten Kernkraftwerk Krümmel sind im Rahmen einer jährlichen Wartung eines Notstromdiesels Risse an Abgaskrümmern festgestellt worden. Die Betreibergesellschaft Vattenfall habe das Ereignis der Reaktorsicherheitsbehörde als Meldepflichtiges Ereignis der Kategorie „N“ (Normalmeldung) fristgerecht mitgeteilt, so das Hamburger Abendblatt. Gemäß Betriebsvorschriften sei ein Notstromdiesel zur Versorgung der Sicherheitseinrichtungen ausreichend. Es stehen weiterhin zwei weitere Notstromdiesel uneingeschränkt zur Verfügung. Das KKW Krümmel wurde bereits im Jahr 2009 dauerhaft abgeschaltet und befindet sich im Nachbetrieb. Der Abbau der Anlage ist beantragt und wird aktuell vorbereitet:
• HAMBURGER ABENDBLATT (Bezahlinhalt)
Im Brennelemente-Zwischenlager beim Isar-Kernkraftwerk in Niederaichbach ist es laut BR zu einer technischen Panne gekommen. Kurzzeitig sei die Stromversorgung des Lagers abgeschaltet worden und wurde auch nicht mehr automatisch eingeschaltet, heißt es in dem Beitrag. Nach Angaben der BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung, einer bundeseigenen Gesellschaft, die die Zwischenlager an KKW betreibt, war eine Störung im Stromnetz die Ursache. Der Betreiber erklärte, es habe keine Gefahr für die Bevölkerung bestanden, der Schutz werde durch die dickwandigen Castor-Behälter gewährleistet. Die Zwischenlager wurden bundesweit in Nähe der Kernkraftwerke errichtet, um die verbrauchten Brennelemente für mehrere Jahrzehnte bis zur Inbetriebnahme eines deutschen Endlagers aufzubewahren. Der Block 2 des Kernkraftwerkes Isar soll bis Ende 2022 vom Netz gehen, Block 1 war bereits 2011 wenige Tage nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima abgeschaltet worden:
• BR
Im Kernkraftwerk Neckarwestheim im Kreis Heilbronn werden aktuell wieder routinemäßige Sicherheitsprüfungen an Ventilen vorgenommen. Dabei werde laut eines Berichts des SWR mehrmals kurzzeitig nicht radioaktiver Dampf abgelassen, der eine Dampfwolke über dem Kraftwerk bilden und in der näheren Umgebung auch zu ungewöhnlichen Geräuschen führen könne. Dies habe der Betreiber EnBW vorab mitgeteilt:
• SWR
Das stillgelegte französische Kernkraftwerk Fessenheim werde nach Meinung von Atomkraft-Kritikern unter dem Gesichtspunkt Risikominderung nur unzureichend rückgebaut, so der Branchendienst Heise. Der Betreiber EDF erfülle die von der Aufsichtsbehörde verlangten Vorkehrungen nur minimal, es gebe Sicherheitslücken und zu wenig Transparenz, wird der Trinationale Atomschutzverband (TRAS) zitiert. In dessen Auftrag habe Dr. André Herrmann, ehemaliger Präsident der Eidgenössischen Strahlenschutzkommission, gut 100 von EDF übermittelte Dossiers zum Rückbau analysiert. Laut ihm zeige sich, „dass viele Schwachstellen, die seit dem Unfall von Fukushima von der französischen Aufsichtsbehörde kritisiert wurden, auch beim Rückbau ohne Sicherheitsvorkehrungen hingenommen werden“, heißt es in der Mitteilung des TRAS:
An einem gemeinsam betriebenen französisch-chinesischen Kernkraftwerk in Taishan ist laut eines Berichts der Deutschen Welle erhöhte Radioaktivität gemessen worden. Laut DW berief sich der Sender CNN in seinem Bericht vom 14. Juni auf ein Schreiben des französischen Konzerns Framatome an die US-Atombehörde Department of Energy. Darin sei vor einer „unmittelbaren radiologischen Bedrohung“ gewarnt worden. Nun hielte sich Framatome in einer Pressemitteilung jedoch bedeckt. Die Firma bestätigte zwar, dass sie „die Lösung eines Problems im Betriebsablauf“ unterstütze. Das Kernkraftwerk arbeite jedoch „innerhalb der Sicherheitsparameter“. Auch Behörden geben laut DW Entwarnung:
Auch die Süddeutsche Zeitung beschäftigt sich kritisch mit den Ereignissen in Taishan, versucht, den Verlauf der Kommunikation zum Thema zu rekonstruieren und schildert die technischen und wirtschaftlichen Hintergründe, die für die weitere Entwicklung um den chinesischen Reaktor relevant werden könnten:
Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI erhöhte im Nachgang zur Atomkatastrophe in Fukushima die Anforderungen an den Erdbebenschutz aller Schweizer Kernkraftwerke. Diese wurden vom Kernkraftwerk Beznau laut eines Berichts des Schweizer Boten auch erfüllt. Allerdings zeigte sich 2020, dass es an den Notstromdieseln vorübergehend Montageabweichungen gab und die formalen Anforderungen für den Fall eines Erdbebens damit nicht vollständig erfüllt waren. Dies betraf den Zeitraum von April bis Mai 2012. Da im Juni zwei nachgerüstete Dieselgeneratoren in Betrieb genommen wurden, waren die Vorgaben gemäß Behörden jedoch wieder erfüllt. Das Blatt zitiert aus einem jetzt vorgelegten Bericht, der dem Werk durchgehende Erdbebensicherheit attestierte:
• BOTE
Das Kernkraftwerk Buschehr ist das einzige Irans. Einer staatlichen Behörde zufolge wurde es nun für einige Tage heruntergefahren, wie der SPIEGEL berichtet. Ein Vertreter der iranischen Stromgesellschaft Tavanir sagte der Nachrichtenagentur AP zufolge, das Kernkraftwerk werde für drei bis vier Tage heruntergefahren. Es könnte daher zu Stromausfällen kommen. Es sei das erste Mal, dass Iran eine Notabschaltung des Werks melde:
Auf dem Gelände eines stillgelegten Kohlekraftwerks im US-Bundesstaat Wyoming soll ein Mini-Kernkraftwerk der neuesten Generation entstehen. Gebaut werde es laut eines Berichts des Handelsblatts von Terrapower, einem von Bill Gates gegründeten Start-up, und Pacificorp, einem Energieunternehmen von Warren Buffett. Erst kürzlich sei das Projekt ins Leben gerufen worden. Eine Milliarde Dollar solle der natriumgekühlte Laufwellenreaktor kosten und nach sieben Jahren Bauzeit 345 Megawatt produzieren. Dabei handelt es sich um einen sogenannten „Small Modular Nuclear Reactor“ (SMN), ein kleiner modularer Kernreaktor, der die Menschheit, so hoffen die Befürworter, vor der Klimakrise retten und Atomkraft wiederbeleben soll. Das Handelsblatt beschäftigt sich ausführlich mit der Analyse der Erfolgsaussichten dieses Projekts:
Die FAZ berichtet über die Aktivitäten von Dual Fluid Energy Inc., einem Start-Up-Unternehmen mit Sitz im kanadischen Vancouver. Dual Fluid verspräche, einen neuartigen Kernreaktor zu bauen, der „aus Atommüll Strom für Generationen erzeugt“. Dieser sei sicher, kostengünstig und klimaschonend und die Nuklearabfälle der Vergangenheit können bei seinem Betrieb beseitigt werden. Interessant sei laut FAZ an der in diesem Jahr gegründeten Firma noch etwas anderes: Die Gesellschaft ist zwar in Kanada registriert, doch die Macher hinter dem Unternehmen sind Deutsche, die das technische Konzept des Dual-Fluid-Reaktors in Deutschland entwickelt hätten: