Herzlich willkommen zur neuesten Ausgabe der Presseschau. Dem Thema Rückbau und Zwischen- bzw. Endlagerung von radioaktiven Abfällen kommt weiterhin große mediale Aufmerksamkeit zu. Darüber hinaus finden Sie Informationen zu den Auswirkungen des deutschen Ausstiegs aus der Kernkraft auf den Strommarkt, eine Kolumne, die die möglichen Vorteile und Optionen für einen Wiedereinstieg behandelt, sowie internationale Nachrichten. Wir wünschen viel Spaß bei der Lektüre.
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Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der Abschaltung des Kernkraftwerks Stade in Niedersachsen blickt die Kreiszeitung auf die damalige Entscheidung und ihre heutige Relevanz. Die Reaktionen auf die Entscheidung, das KKW vom Netz zu nehmen, ähneln denen aus dem Jahr 2023 stark: Freude und Erleichterung seitens Umweltschützern und Sorge um die Wirtschaft seitens Unternehmen. Zudem kann gesagt werden, dass das Thema in Stade auch 20 Jahre später noch nicht abgeschlossen ist: Während die Brennelemente aus dem KKW nach dessen Abschaltung in die französische Wiederaufbereitungsanlage La Hague gebracht wurden, werde die leicht- und mittelradioaktiven Abfälle immer noch vor Ort gelagert. Geplant ist, sie ins Endlager Konrad zu verlegen, wenn dieses den Betrieb aufnimmt. Auch die Rückbauarbeiten laufen immer noch. Für das Gelände des KKW gibt es verschiedene Möglichkeiten: Sowohl ein Rückbau „bis zur grünen Wiese“ als auch eine mögliche Weiternutzung als Industriefläche sind im Gespräch:
Seit geraumer Zeit gibt es Streit um die Zwischenlagerung der radioaktiven Abfälle aus dem KKW Biblis in Hessen. Im Juli wurde die Südhessische Abfall-Verwertungs-GmbH (Savag) vom Regierungspräsidium dazu verpflichtet, die Abfälle aufzunehmen, doch diese wehrt sich auf dem Rechtsweg gegen diese Entscheidung. Nun hat eine Bürgerinitiative darauf hingewiesen, dass die Betreiberfirma RWE seine eigene Deponie erweitern darf:
• ECHO ONLINE (Bezahlinhalt)
Ein gutes halbes Jahr nach dem deutschen Ausstieg aus der Kernenergie überprüft Die Zeit die wichtigsten Fakten zum Strommarkt. Zusammengefasst ergibt sich daraus, dass Strom für Verbraucher im europäischen Vergleich überdurchschnittlich teuer ist, sich aber im Hinblick auf den Ukraine-Krieg ähnlich entwickelt hat wie in anderen Ländern: mit einer anfänglichen starken Steigerung und nun einer Rückkehr zu den Preisen von vor der Invasion. Zudem kann festgestellt werden, dass der Ausstieg aus der Kernkraft keine starken Auswirkungen auf die Strompreise hat. Deutschland importiert in erster Linie Strom aus den kontinental-skandinavischen Ländern, wobei dieser hauptsächlich aus erneuerbaren Energien stammt. Auch der selbstproduzierte Strom stammt vermehrt aus erneuerbaren Quellen: In der ersten Hälfte des Jahres 2023 wurden 57,7% des verbrauchten Stroms aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse erzeugt. Bis 2030 soll dieser Prozentsatz auf 80% erhöht werden. Im Hinblick auf den Kohleausstieg ist Deutschland aktuell noch im Hintertreffen, was auch bedeutet, dass die Klimaziele nach aktuellem Stand nicht zu erreichen sind:
• DIE ZEIT
Am 21. November lud das Team vom KKW Brunsbüttel zum Pressetermin auf das Gelände des stillgelegten Kernkraftwerks. Informiert wurde bei dem Termin zum aktuellen Stand des Rückbaus, im Rahmen dessen mit dem Abbau der Vorwärmebühne aktuell ein großer Schritt gegangen wird. Doch auch das Thema der Abfalllagerung wurde angesprochen. Allein beim Abbau der Vorwärmebühne wird mit rund 1000 Tonnen Material gerechnet, das einen Platz finden muss. Während Teile davon freigemessen wieder in den Umlauf kommen könnten, bleibt mit Hinsicht auf den Großteil weiterhin die Frage der Lagerung offen; ein Deponieplatz in Schleswig-Holstein konnte noch nicht gefunden werden. Zum aktuellen Zeitpunkt ist die Zwischenlagerung auf dem KKW-Gelände platztechnisch noch möglich, doch die Betreiber fürchten, dass sich das in Zukunft ändern und somit den Rückbau verzögern könnte:
• SAT 1 (Videobericht)
• ARD (Videobericht)
• NDR Info (Videobericht)
• BOYENS MEDIEN (Bezahlinhalt)
• SHZ (Bezahlinhalt)
Aktuelle Stimmen:
Mit Blick auf die angespannte wirtschaftliche Lage und mögliche Knappheiten am Energiemarkt stellt Kolumnistin Louisa Riepe die Frage, ob es sich beim deutschen Ausstieg aus der Kernkraft um eine durchdachte Entscheidung gehandelt habe. Der auch im europäischen Ausland weiterhin angestrebte Ausbau von Kernkraft sowie Innovationen wie die sogenannten small modular reactors (SMR), die einfacher und kostengünstiger gebaut und betrieben werden und in ihrem fortschrittlichste Stadium sogar Brennstoffe aus heutigen Reaktoren recyceln können sollen, lege laut Riepe nahe, dass ein prinzipielles Ausschließen von Kernkraft als Energielieferant der Zukunft keineswegs zeitgemäß sei:
• NORD-OSTSEE-ZEITUNG (Bezahlinhalt)
Internationale Nachrichten:
Ungarn: Schon seit geraumer Zeit bestehen seitens der ukrainischen Regierung Pläne, das im Komitat Toina gelegene Kernkraftwerk Paks gemeinsam mit dem russischen Kernkraftkonzern Rosatom auszubauen. Nun haben sich die beiden Parteien auf einen Fahrplan für den Ausbau geeinigt. Bis Beginn der 2030er-Jahre sollen zwei neue Blöcke am KKW entstehen und zwei der vier bereits bestehenden Reaktoren ersetzen. Die Entscheidung, die Zusammenarbeit weiterhin anzustreben sorgt seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine für Kritik:
• UPDAY
USA: Nachdem small modular reactors, umgangssprachlich auch Mini-KKW genannt, seit einiger Zeit als Hoffnungsträger für die Energiewirtschaft gehandelt werden, gibt es nun Anzeichen, dass die Entwicklung doch nicht so reibungslos verlaufen könnte. Das US-Amerikanische Vorzeigeprojekt Carbon Free Power Project der Firmen NuScale und Utah Associated Municipal Power Systems wurde aufgrund deutlicher Kostensteigerungen bei der Entwicklung und der Befürchtung, zu wenige Abnehmer für die erzeugte Energie zu finden, eingestellt. Es scheint auch nicht bei diesem Einzelfall zu bleiben. Eine aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung legt nahe, dass der erwartete Neubauboom im Hinblick auf Kernkraftwerke nicht den aktuell tatsächlich existierenden Bauvorhaben entspricht und ein Fokus auf erneuerbare Energien auch aus wirtschaftlicher Sicht mehr Potential hätte. Mini-KKWs bekommen nicht nur in den USA Aufmerksamkeit – auch in u.a. China, Südkorea, Argentinien und einigen europäischen Ländern sind Pilotprojekte in der Planung:
Schweiz: Mit Wiederaufflammen der Diskussion rund um Kernkraft hat sich nun auch die schweizerische Pro-Kernkraftbewegung in zwei Lager geteilt. Auf der einen Seite steht die Stopp-Blackout-Initiative, zu der auch hochrangige Politiker und Energieexperten zählen. Die Initiative setzt sich für die Genehmigung des Neubaus von Kernkraftwerken ein und hat bereits über 100.000 Unterschriften erreicht. Seitens des Nuklearforums, in dessen Vorstand u.a. hochrangige Vertreter aus der Wirtschaft und Energieunternehmen sitzen, gibt es Zweifel an der Umsetzbarkeit der Vorhaben. Die Initiative lasse Zuständigkeiten unklarer werden, die durch die Verfassung eigentlich schon geregelt seien:
Japan: Insbesondere in ländlichen Gebieten hat Japan immer mehr mit der demografischen Entwicklung zu kämpfen. Durch einbrechende Steuereinnahmen sehen viele Gemeinden nun eine Chance in der mit großzügigen Subventionen einhergehenden Bereitstellung von Flächen für den Bau von Deponien für radioaktive Abfälle. Gegner sehen darin eine Gefahr für die Natur, sowohl durch die Strahlenbelastung als auch durch die Bauvorhaben, die für die Schaffung von Deponien nötig wären. Auch Japan hat das Problem, dass aktuell noch kein Endlager für radioaktiven Abfall existiert, und viele KKW-Standorte damit drohen, ihre Zustimmung für den Neustart ihres KKW zu entziehen, sollten die radioaktiven Abfälle nicht aus ihrer Region abtransportiert werden. Um das Problem zu lösen, setzen die Regierung und die Reaktorbetreiber nun auf kleine Gemeinden, die auf die zusätzlichen Gelder angewiesen sind und in denen weniger Widerstand zu erwarten ist als anderswo:
• SPIEGEL (Bezahlinhalt)
Bildquelle: Magyar Villamos Müvek