Presseschau vom 15.05.2020

Wir begrüßen Sie herzlich zu einer neuen Ausgabe der Presseschau. In dieser Woche beschäftigen sich gleich zwei Beiträge mit juristischen Themen, das KKW Philippsburg und die spektakuläre Sprengung seiner Kühltürme ist auch mit zwei Beiträgen vertreten, und ebenfalls zweimal richten wir den Blick nach Osten nach Weissrussland und Russland. Krümmel, Neckarwestheim, das Emsland und Cattenon sind weitere Schauplätze der Beiträge unserer Auswahl.

Das geplante Lager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle am Standort des Kernkraftwerks Krümmel ist nach dem Strahlenschutzgesetz (StrlSchG) grundsätzlich genehmigungsfähig. Das hat die schleswig-holsteinische Reaktorsicherheitsbehörde (Energiewendeministerium) laut Herzogtum-Direkt festgestellt und der unteren Bauaufsichtsbehörde in Geesthacht mitgeteilt. Diese Feststellung war für die Stadt Geesthacht eine Voraussetzung, um am 30. April eine Baugenehmigung für die Errichtung des neuen Lagers auf dem Kraftwerksgelände zu erteilen. Betreiber Vattenfall des Kernkraftwerks Krümmel als Antragstellerin darf nun mit dem Bau des Lagers beginnen. Die neue Lagerstätte soll den Namen „LasmAaZ“ (Lager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle am Zwischenlager) tragen:

• HERZOGTUM DIREKT

Der Rechtsstreit zwischen den Energiekonzernen Eon und Vattenfall um Reststrommengen im stillgelegten Kernkraftwerk Krümmel wird noch im laufenden Monat Mai fortgesetzt. Für den 27. Mai sei die mündliche Verhandlung beim Landgericht Hamburg angesetzt, wie Eon-Chef Johannes Teyssen bei einer Telefonkonferenz anlässlich der Quartalszahlen laut des Finanzportals Finanztreff.de sagte. Die Eon-Tochter PreussenElektra und Vattenfall sind beide je zur Hälfte an der Krümmel-Betreibergesellschaft beteiligt. Deshalb will PreussenElektra auch die Hälfte der Reststrommengen am 2011 stillgelegten Atomkraftwerk im schleswig-holsteinischen Geesthacht kostenfrei nutzen und verklagte Vattenfall im Januar 2019. Der Wert wird auf 1,2 Milliarden Euro taxiert. Vattenfall weist eine entschädigungslose Übertragung zurück:

FINANZTREFF.DE

Im Streit zwischen dem Energiekonzern Vattenfall und der Bundesrepublik vor dem Schiedsgericht der Weltbank (ICSID) gibt es erneut eine Unterbrechung: Deutschland hat einen Befangenheitsantrag gegen das Tribunal gestellt, vor dem über die 4,7-Milliarden-Euro-Klage des Konzerns wegen des deutschen Atomausstiegs verhandelt wird. Nun prüfe ICSID-Generalsekretärin Meg Kinnear den Antrag, über den voraussichtlich in einigen Wochen Weltbank-Chef David Malpass entscheidet. Vattenfall argumentiert, Deutschland habe mit dem Atomausstiegsgesetz von 2011 die Rechte des Konzerns verletzt, da dieser im Vertrauen auf zuvor gewährte Laufzeitverlängerungen stark in seine Atomkraftwerke in Brunsbüttel und Krümmel investiert hatte. Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima beschloss die Bundesregierung aber den Ausstieg aus der Atomenergie, so dass die Investitionen von Vattenfall ins Leere liefen. Das juristische Magazin Juve berichtet:

JUVE

Am 14. oder 15. Mai sollten die Kühltürme des Kernkraftwerks Philippsburg gesprengt werden, stillgelegt ist die Anlage bereits seit Dezember 2019. Den genauen Abbruchtermin wollte der Betreiber, die EnBW, nicht nennen, um Schaulustige und somit Verstöße gegen die Corona-Bestimmungen zu vermeiden. Wie der Mannheimer Morgen in seinem Rückblick auf die 50 Jahre seit Baubeginn des KKW schreibt, stieß dessen Bau damals bei der Bevölkerung auf große Zustimmung (Bezahlinhalt):

MANNHEIMER MORGEN

Auch die SWP berichtet ausführlich zu den Sprengungen der Türme in Philippsburg. Schon Tage vor dem geheimen Termin werde dafür die Rheinschanzinsel, auf der sich die beiden bereits abgeschalteten Meiler sowie die Türme befinden, komplett gesperrt. Zutritt hätten dann nur noch Personen, die an der Sprengung beteiligt sind, sowie etwa Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienste und Wachpersonal. Die Schifffahrt auf dem Philippsburger Altrhein werde ebenso wie das Baden oder Schwimmen untersagt:

SWP

Nach der erfolgreich durchgeführten Sprengung der Kühltürme in Philippsburg veröffentlicht das Handelsblatt ein kommentiertes Video zu der spektakulären Aktion, die über Jahre vorbereitet wurde:

YOUTUBE

Das Kernkraftwerk Emsland bei Lingen wird wegen der Corona-Pandemie mit weniger Personal gewartet als üblich. Das Werk soll zur Revision für voraussichtlich 22 Tage vom Netz genommen werden. Dies teilte das Umweltministerium in Hannover laut NOZ mit. Der Betreiber RWE habe demnach zusätzliche Hygieneregeln angekündigt, so soll vor Betreten der Anlage Fieber gemessen werden. Bei den Arbeiten werden unter anderem 44 der 193 Brennelemente durch neue ersetzt. Insgesamt sollen etwa 1900 Aufträge abgearbeitet werden:

NOZ

Neckarwestheim, eine der kleinsten Kommunen im Landkreis Heilbronn ist wegen des dortigen KKW bundesweit bekannt. Hier wird in etwas mehr als zwei Jahren das Atomzeitalter in Deutschland enden. Bislang habe die Gemeinde viel von der Anlage profitiert, so die Stimme in einem Rückblick auf die Geschichte des Werks, für das nach Betriebsende am 31.12.2020 der Rückbau beginnen werde (Bezahlinhalt):

STIMME.DE

Block 4 des französischen Kernkraftwerks Cattenom nahe der saarländischen Grenze ist wieder ans Netz gegangen. Wie die Saarbrücker Zeitung meldet, sei der Reaktor am 3. Mai wegen Wartungsarbeiten an einer sogenannten „Turbo-Pumpe“ im nicht-nuklearen Bereich des KKW abgeschaltet worden:

SAARBRÜCKER ZEITUNG

Die Neue Zürcher Zeitung berichtet aus Weißrussland: Das umstrittene KKW Ostrowez habe kurz vor seiner Fertigstellung seinen Kernbrennstoff erhalten. Dieser sei laut des Energieministeriums der Ex-Sowjetrepublik in Minsk für den ersten Atommeiler vorgesehen. Das KKW an der Grenze zum EU-Land Litauen wird vom russischen Atomenergiekonzern Rosatom gebaut, der die Anlage zu 90 Prozent mit Krediten finanziert. Das Werk soll im Juni fertig werden und ab Herbst ans Netz gehen. Es ist ein Prestigeprojekt von Präsident Alexander Lukaschenko. Das Nachbarland Litauen bemängelte immer wieder die Einhaltung von Sicherheits- und Umweltstandards:

NZZ

Das Magazin der Organisation Greenpeace berichtet ebenfalls aus Russland. Ungeachtet des Atomstreits des Irans mit den USA habe Russland weiteren nuklearen Brennstoff an das erste iranische Kernkraftwerk geliefert. Das teilte die russische Botschaft dem Bericht zufolge in der Hauptstadt Teheran mit. Die Lieferung an die Anlage in der Hafenstadt Buschehr sei notwendig gewesen, damit der Reaktor weiter in Betrieb bleiben könne. «Russland misst der Zusammenarbeit mit dem Iran bei der Kernenergie eine große Bedeutung bei», hieß es. Angaben zur gelieferten Menge wurden zunächst nicht gemacht:

GREENPEACE MAGAZIN