Presseschau vom 11.11.2020

Herzlich Willkommen zu einer neuen Ausgabe der Presseschau, welche diesmal gleich 12 lesenswerte Beiträge umfasst. Der geografische Bogen spannt sich dabei von Brunsbüttel und Brokdorf über Gesamtdeutschland, England, Weißrussland bis zu einer pan-europäischen Perspektive. Themenfeatures runden das Angebot ab.

Beim Rückbau eines Kernkraftwerks muss der Bauschutt auf eine geeignete Deponie verbracht werden, doch Abfallhöfe im Land weigern sich häufig, das Material zu übernehmen. In der Gemeinde Harrislee im Kreis Schleswig-Flensburg haben laut eines Berichts des NDR hunderte Menschen aus Deutschland und Dänemark gegen das Einlagern von Bauschutt aus dem Rückbau des Kernkraftwerks Brunsbüttel protestiert. Sie versperrten auf zwei Kilometern mit Fahrzeugen die Zufahrtsstraße zu einer Deponie, die für die Lagerung von KKW-Bauschutt in Frage komme. Das schleswig-holsteinische Parlament hatte im Mai beschlossen, das Material des KKW Brunsbüttel einer Deponie notfalls zuzuweisen. Möglich seien laut Umweltministerium insgesamt vier Abfallhöfe im Land: Wiershop (Kreis Herzogtum Lauenburg), Lübeck-Niemark, Johannistal (Kreis Ostholstein) und Harrislee. Bislang hätten alle Deponien im Land abgelehnt, den sogenannten freigemessenen Bauschutt bei sich aufzunehmen:

NDR

Beim Kernkraftwerk Brokdorf entstehen neue Ideen für eine zukünftige Nutzung des dortigen Info-Zentrums. Während der Atommeiler zurückgebaut werde, könnte die Besucher-Info weiter genutzt werden. Der Bau auf drei Etagen biete sich geradezu an, dort eine Art Energiemuseum einzurichten. Es gäbe Funktionsmodelle des Kernkraftwerks und eine zeitgeschichtliche Sammlung, die zeige, dass neue Energieformen durchaus umstritten sein können. Der Beitrag der SHZ dokumentiert den Stand der Planungen und lässt die zuständigen kommunalen Entscheidungsträger zu Wort kommen:

SHZ (Bezahlinhalt)

Das Kernkraftwerk in Gundremmingen wurde nach einem Bericht des BR außerplanmäßig heruntergefahren. Im Rahmen der Betriebsüberwachung sei ein möglicher Defekt an einem Brennelement registriert worden. Das Kernkraftwerk werde nun vier Wochen lang vom Netz genommen. Im Kernkraftwerk Gundremmingen im Landkreis Günzburg hatte man laut einer Pressesprecherin schon zuvor mit der schrittweisen Leistungsreduktion begonnen, am Folgetag wurde der Reaktor dann abgeschaltet. Es handele sich in jedem Fall um ein nicht-meldepflichtiges Ereignis, so eine Pressesprecherin. Das Werk sei für solche Situationen ausgelegt. Betreiber RWE wolle die außerplanmäßige Pause jetzt nutzen und ziehe Wartungsarbeiten vor, die eigentlich erst für die Revision im kommenden Jahr geplant waren. So sollen unter anderem Armaturen und Rohrleitungen gewartet werden. Der letzte aktive Block C des Kernkraftwerks soll Ende 2021 endgültig abgeschaltet werden:

BR

Der schon 2014 abtransportierte Druckbehälterdeckel aus dem Kernkraftwerk Obrigheim sorgte laut der RNZ zuletzt für Schlagzeilen. Das Kernkraftwerk Obrigheim (KWO) ist seit 2005 abgeschaltet, seit 2008 wird die Anlage zurückgebaut. Die wichtigsten Bestandteile des Kraftwerks am Neckar seien längst demontiert und zum Teil auch bereits abtransportiert oder gar deponiert. Jetzt machte das KWO nun aber dennoch Schlagzeilen. Von „Vertuschung“ sei in Bezug auf den Abtransport des Reaktordruckbehälter-Deckels die Rede. Beim Energiekonzern EnBW wisse man um die Schlagzeile, könne die Entstehung aber nicht nachvollziehen. Tatsache sei, dass der RDB-Deckel aus dem KWO schon im Jahr 2014 in die USA verbracht worden sei. „Der Deckel wurde im Auftrag der EnBW zu einer Fachfirma in den USA zur schadlosen Verwertung transportiert. Transport und Verwertung erfolgten unter Einhaltung aller geltenden Vorschriften“, erklärt ein EnBW-Sprecher. Das entsprechende Unternehmen sei für die Verarbeitung qualifiziert und eine geeignete Wiederverwertung gewährleistet. Es handele sich hier um eine „Skandalisierung“ eines regulären und vorschriftskonformen Vorgangs:

RHEIN-NECKAR-ZEITUNG

Im Zwischenlager des Kernkraftwerks Philippsburg kam es zu Problemen mit Castordeckeln. Laut den Betreibern des Lagers, der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ), gäbe es an zwei Castorenbehältern „geringe Abweichungen von der Toleranz des Blockmaßes im Deckelsystem“. Die Dichtheit der Behälter sei aber uneingeschränkt gegeben. Die Aufsichtsbehörde wurde unverzüglich eingeschaltet und der Vorfall offiziell als meldepflichtiges Ereignis der Stufe 0 eingestuft. Nun gelte es zu entscheiden, ob die Abweichung vom Toleranzwert noch toleriert werden könne oder ob die BGZ den Fehler beseitigen müsse:

BADISCHE NEUESTE NACHRICHTEN

Schon seit Jahren werden in der Schwandorfer Müllverbrennungsanlage  Abfälle aus KKWs verbrannt. Rund 100 Tonnen freigemessener Abfall waren es allein 2019. In Schwandorf regt sich dagegen nun erstmals Widerstand. Das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) sieht allerdings kein Risiko. „Der für den Schutz der Bevölkerung gesetzlich vorgegebene Grenzwert von 10 Mikrosievert pro Jahr für die Strahlenexposition wird sicher eingehalten. Für die Bevölkerung besteht keine Gefahr“, teilte das Landesamt laut BR mit. Die mittlere Strahlenexposition allein durch natürliche Radioaktivität für die Bevölkerung in Deutschland liege mit 2100 Mikrosievert pro Jahr deutlich darüber, so das LfU:

BR

Ein Zug mit Castor-Behältern mit Atommüll aus der Wiederaufbereitungsanlage Sellafield in England erreiche laut einer Polizeisprecherin sicher das Gelände des hessischen Kernkraftwerks Biblis. Etwa zwei Dutzend Aktivisten hatten zuvor im Umfeld des Bahnhofs Biblis demonstriert. Nach Angaben der Bundespolizei hatten mehrere Tausend Beamte die gesamte Bahnstrecke gesichert. Es sei alles ruhig verlaufen, sagte eine Sprecherin. In Biblis soll der Atommüll in dem Zwischenlager deponiert werden, bis ein deutsches Endlager zur Verfügung stehe:

NDR

19 Atomkraftwerke in Europa könnten derzeit illegal laufen, berichtet das Redaktionsnetzwerks Deutschland. „In Europa sind die Laufzeiten mehrerer Atomkraftwerke verlängert worden, ohne dass sie der vorgesehenen grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen wurden“, schreibt das Nachrichtenmagazin demnach in seiner aktuellen Printausgabe. Diese Informationen gingen aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor. Eigentlich müssten sich Kraftwerke einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterziehen, wenn sie länger laufen sollen. Dies folge aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Falle des belgischen Kraftwerks Doel. Diese Prüfung habe laut Informationen des „Spiegels“ bisher allerdings unter anderem beim belgischen Atomkraftwerk Tihange-1 nicht stattgefunden:

REDAKTIONSNETZWERK DEUTSCHLAND

In der belarusischen Kleinstadt Ostrovets nahm am 07.11. das erste Kernkraftwerk des Landes den Betrieb auf. Der auch Kernkraftwerk Belarus genannte Atommeiler steht nur 45 Kilometer entfernt von der litauischen Hauptstadt Vilnius nahe der Grenze. Der dort produzierte Strom solle den Belarusen Energiesicherheit garantieren und das Land unabhängiger von russischem Gas machen, das bisher zu Stromerzeugung genutzt wurde. 40 Prozent des gesamten Strombedarfs sollen nach Fertigstellung mit Hilfe des Kernkraftwerks gedeckt werden. Proteste gegen das Werk seien relativ gering gewesen, so die Tagesschau in ihrem Beitrag, jedoch hätten die Nachbarländer sich wiederholt und vehement gegen den Bau des Werks ausgesprochen, da sie zahlreiche Sicherheitsmängel rügen:

TAGESSCHAU

Einen fachlichen Blick auf die Baustelle des neuen Zwischenlagers am Kernkraftwerk Brunsbüttel gewährt die Allgemeine Bauzeitung. Der Beitrag schildert bauliche Herausforderungen bei der Konstruktion. Beim Neubau des Hallenlagers am abgeschalteten Kernkraftwerk Brunsbüttel waren demnach Schallösungen gewünscht, die wenig Montagezeit beanspruchen. Unter anderem habe die Baustelle des Unternehmens Züblin mit vier verziehbaren Traggerüst-Einheiten gearbeitet. So konnte das 5600 m2 große Stahlbetondach abschnittweise hergestellt werden, ohne dass die 15 m hohe Schalungskonstruktion mehrfach ab- und wieder aufgebaut werden musste:

ALLGEMEINE BAUZEITUNG

Deutschland hat sich beim Kampf gegen den Klimawandel viel vorgenommen und will den Ausstoß von Kohlendioxid massiv senken. Der Sender n-tv stellt in diesem Zusammenhang die Frage, ob es nicht klug wäre, den CO2-armen Strom aus Atomkraftwerken einfach weiter zu nutzen. Der ausführliche Beitrag beschäftigt sich mit den Vor- und Nachteilen eines solchen Szenarios und blickt dabei u.a. in die Niederlande, wo eine Renaissance der Kernkraft bevorstehe. Der Status der deutschen Energiewende wird ebenfalls kritisch betrachtet:

N-TV

Vom gewaltigen Aufwand des Rückbaus der deutschen Kernkraftwerke berichtet ein Feature in der Süddeutschen Zeitung. Der Rückbau aller Werke, ohne dabei Risiken für Menschen und Umwelt in Kauf zu nehmen, sei eine „gewaltige Herausforderung“, so die Autorin:

SUEDDEUTSCHE ZEITUNG (Bezahlinhalt)