Presseschau vom 11.05.2022

Herzlich willkommen zur neuen Ausgabe der Presseschau. Die Auswahl in dieser Woche ist sehr reichhaltig und thematisch vielfältig: Regionale, nationale und internationale Themen sind dabei, es geht um Rückbau, Proteste, Wirtschaftspolitik, Zukunft der Kernkraft und den Ukraine-Konflikt, Perspektivisches zum Energiestandort Brunsbüttel und nach diesem Parforce-Ritt durch die Energiemedienlandschaft zum Abschluss eine entspannende Radtour auf Einladung der FAZ. Wir wünschen Ihnen anregende Lektüre!

Mit dem Abbruch der Kamine des Gaskraftwerks am KKW Brunsbüttel beschäftigt sich der NDR in einem Videobeitrag. Beide in unmittelbarer Nähe des KKW stehenden Kamine werden nach Demontage der Gasturbinen abgebrochen. Im August sollen die beiden Kamine demontiert und das Dach wieder verschlossen sein. Im Anschluss soll die freiwerdende Halle als Lager für freigemessenes, aber noch nicht freigegebenes Material genutzt werden (Videobeitrag verfügbar bis zum 13.05.):

NDR

Im abgeschalteten Kernkraftwerk Krümmel wurde bei der Prüfung eines Diesel-Aggregats ein Dichtungsleck im Kraftstoffsystem festgestellt, teilte Betreiber Vattenfall laut eines Berichts des Hamburger Abenblatts mit. Nach dem Austausch der Dichtung stand der Notstromdiesel wieder zur Verfügung. Für die Dauer der Instandsetzung sei die nach den Vorschriften geforderte Mindestreserve von einem Notstromdiesel durch zwei weitere betriebsbereite Aggregate erfüllt gewesen. Die wesentliche sicherheitstechnische Aufgabe der Notstromdiesel war es, die Notversorgung für die Nachkühlung der Brennelemente zu gewährleisten. Da sich keine Kernbrennstoffe mehr in der Anlage befinden, besteht die Anforderung nur noch aus formalen Gründen. Der Vorgang wurde der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde am 2. Mai fristgerecht als meldepflichtiges Ereignis Kategorie „N“ (Normalmeldung) angezeigt:

ABENDBLATT

Auch im KKW Grohnde gab es ein meldepflichtiges Ereignis. Das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz als die zuständige atomrechtliche Aufsichts- und Genehmigungsbehörde wurde von der Betreiberin des Kernkraftwerks fristgerecht über ein Ereignis gemäß Atomrechtlicher Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung (AtSMV) nach Kriterium N (normal) 2.1.2 (INES 0) informiert. Dabei wurde der Meldung zufolge im Rahmen wiederkehrender Prüfungen festgestellt, dass an mehreren zweiflügligen Brandschutztüren einer der Flügel schwergängig war und nicht wie gefordert selbstständig schloss. Die Betreiberin habe angekündigt, das Wartungskonzept für Brandschutztüren zu überarbeiten. Das Ereignis hatte keine Auswirkungen auf den bestimmungsgemäßen Betrieb der Anlage und war laut Ministerium ohne sicherheitstechnische Bedeutung:

UMWELT.NIEDERSACHSEN

Das Kernkraftwerk Emsland in Lingen ist zu seiner letzten Revision heruntergefahren worden. Ende des Jahres wird der Meiler seinen Betrieb als letzter in Niedersachsen einstellen. Bei der Revision im KKW Emsland gäbe es einen großen Unterschied zu den bisherigen: Es werden diesmal keine neuen Brennelemente mehr eingesetzt. Stattdessen werden die vorhandenen umgesetzt, damit ihr Brennstoff bis zum Betriebsende optimal genutzt werden kann, wie Kraftwerksleiter Wolfgang Kahlert dem NDR sagte. Ansonsten laufe die Revision in dem von RWE betriebenen Kernkraftwerk aber ab wie immer. „Es werden alle sicherheitstechnischen Prüfungen und alle Dinge, die notwendig sind, zu 100 Prozent gemacht, es gibt keine Abstriche“, so der Manager in dem Beitrag, zu dem auch ein Video verfügbar ist:

NDR

Das Kernkraftwerk Neckarwestheim II im Kreis Heilbronn bleibt weiter am Netz. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg lehnte einen Eilantrag von Kernkraftgegnern ab, die den Betrieb wegen angeblicher Gefahren durch Risse an Rohren untersagen lassen wollten. Die Voraussetzungen für eine Anordnung zur sofortigen Stilllegung des Atommeilers seien nicht erfüllt, teilte das Gericht mit Sitz in Mannheim mit. Der SWR berichtet:

SWR

Alle Brennstäbe aus dem stillgelegten Kernkraftwerk im elsässischen Fessenheim sollen bis spätestens Ende 2023 in die Wiederaufbereitungsanlage La Hague gebracht werden. Das teilte das Regierungspräsidium (RP) Freiburg unter Berufung auf den französischen Energiekonzern EDF mit. Das Unternehmen war der Betreiber des Meilers gewesen. Nach mehr als 40 Jahren Betrieb war das direkt an der Grenze zu Baden-Württemberg liegende Kernkraftwerk vor knapp zwei Jahren abgeschaltet worden. Wegen Sicherheitsbedenken war es jahrelang umstritten. Die Rheinpfalz berichtet:

RHEINLANDPFALZ

Der Streit zwischen Slowenien und Österreich um die Zukunft des umstrittenen slowenischen Kernkraftwerks Krsko wogt seit vielen Jahren. Jetzt kommt es erstmals zu einer offenen, öffentlichen Debatte. Am 19. Mai wird die verantwortliche slowenische Delegation allen Besucherinnen und Interessierten fünf Stunden lang Rede und Antwort zur geplanten Laufzeitverlängerung des 70 Kilometer von der österreichischen Grenze entfernten Kernreaktors stehen. 400 Interessierte können teilnehmen, zudem gibt es einen Livestream, wie die österreichische Kleine Zeitung meldet:

KLEINEZEITUNG (Bezahlinhalt)

Der russische Kraftwerkbauer Rosatom fordert von Finnland Schadenersatz für den geplatzten Auftrag über das Kernkraftwerk Hanhikivi 1. Die Rosatom-Tochter Raos Projekt Oy sprach laut Handelsblatt von einer nicht wirtschaftlich, sondern „politisch motivierten“ Absage der Finnen. Rosatom sei weiter bereit, das Kernkraftwerk in Pyhäjoki, etwa 500 Kilometer nördlich von Helsinki, zu bauen. „In der Zwischenzeit haben wir keine Wahl, als uns zu verteidigen und Kompensation für diese ungesetzliche Vertragsaufkündigung zu verlangen“, hieß es in einer Mitteilung, aus der das Blatt zitiert:

HANDELSBLATT

Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) hat sich laut STERN.DE besorgt über den fehlenden Zugang seiner Behörde zum größten europäischen Kernkraftwerk Saporischschja in der Ukraine gezeigt. „Saporischschja steht ganz oben auf meiner Sorgenliste, wenn es um die Situation der Atomanlagen in der Ukraine geht“, sagte IAEA-Chef Rafael Grossi dem STERN zufolge in Wien. Die IAEA-Mitarbeiter hätten seit der Besetzung des KKW durch russische Soldaten vor fast zwei Monaten keinen Zugang zu der Anlage. Die Ukraine verfügt aktuell über 15 Kernreaktoren in vier aktiven Kraftwerken und mehrere Atommüllager, darunter das Werk in Tschernobyl:

STERN

Die Ablehnung der Kernenergie hält die Historikerin und Leibnitz-Wissenschaftlerin Anna Veronika Wendland für ein sozialpsychologisches Phänomen. Als Jugendliche habe sie keine andere Wahl gehabt, als Kernenergie-Gegnerin zu werden. Heute setze sie sich für den Bau neuer Kernkraftwerke ein, so die WELT in einem Beitrag. Die Wissenschaftlerin hielte auch die Behauptung der Bundesregierung für falsch, es gäbe für eine Wiederinbetriebnahme der Ende 2021 stillgelegten deutschen Kernkraftwerke unüberwindbare rechtliche und sicherheitstechnische Hindernisse, so die Welt in dem Beitrag aus dem Wissenschaftsteil:

WELT (Bezahlinhalt)

Angesichts der Energiekrise, die der Krieg in der Ukraine ausgelöst hat, werden aktuell wieder Stimmen lauter, die den Ausstieg Deutschlands aus der Kernenergie kritisieren. Dabei sei Europa bei der Nukleartechnologie sogar noch stärker abhängig von Russland als bei Gas oder Öl, widerspricht die Energieexpertin Anke Herold im Deutschlandfunk. Ein Fünftel des hier eingesetzten Kernbrennstoffs stamme aus Russland, ein weiteres Fünftel aus dem eng mit Russland verbündeten Kasachstan. „Aus unserer Sicht sind wir bei den Kernkraftwerken und bei der Nukleartechnologie eigentlich noch stärker abhängig von Russland als bei Gas oder bei Öl“, so die wissenschaftliche Geschäftsführerin des Öko-Instituts:

DEUTSCHLANDFUNK

Die FAZ beschäftigt sich in einem Feature mit den Entwicklungen rund um das geplante LNG-Terminal in Brunsbüttel in der Nähe des dortigen KKW. Fünf Jahre lang, so das Blatt, habe der Plan für ein LNG-Terminal in Schleswig-Holstein im Koalitionsvertrag der Jamaika-Regierung gestanden, passiert sei allerdings nichts. Jetzt solle allerdings alles so schnell gehen, dass manche nicht mehr mitkämen. Der Beitrag lässt insbesondere Gegner des Projekts zu Wort kommen, die auch trotz der energiepolitisch dramatisch gewachsenen Bedeutung des Terminals Bedenken u.a. aufgrund der Sicherheitslage hegen:

FAZ (Bezahlinhalt)

Ebenfalls die FAZ lädt ihre Leser des Reiseteils zu einer Radtour entlang der Elbe ein. Nirgendwo könne man die norddeutsche Energiewende so gut nachvollziehen wie auf dieser Tour: Von Glückstadt zu den abgeschalteten Kernkraftwerken Brokdorf und Brunsbüttel bis zur neuen LNG-Fähre nach Cuxhaven führe die Fahrt:

FAZ