Nach mehr als dreijähriger Arbeit wurde jetzt ein wichtiger Meilenstein beim Abbau des Kernkraftwerks Brunsbüttel (KKB) erreicht: Mit dem sechs Tonnen schweren unteren Kerngitter wurde Anfang November das letzte große Einbauteil aus dem Reaktordruckbehälter (RDB) ausgebaut. Es wird jetzt im Absetzbecken in verpackungsgerechte Teile zerlegt. Dabei kommt zeitweise wieder der AZURo zum Einsatz. Der Name steht für Automatische Zerlegung von RDB-Einbauten mittels Unterwasser-Robotertechnik. AZURo hatte bereits zu Beginn der Abbauarbeiten in einem einzigartigen Einsatz für Schneidearbeiten unter Wasser erfolgreich den Dampftrockner zerlegt.
Nach dem Ausbau des unteren Kerngitters müssen noch die letzten Teile des Kernmantels und ein paar „Kleinteile“ entfernt werden. Dazu gehört auch die Rückströmraumabdeckung, eine letzte große Herausforderung des Projekts, da sie am Kernmantel angeschweißt ist und bei ihrer Zerlegung die Auskleidung des RDB nicht beschädigt werden darf. Diese restlichen Arbeiten werden noch bis in die erste Jahreshälfte 2023 andauern. „Wir bewegen uns auf den Endspurt zu. Das Ziel, einen von allen Einbauten befreiten Reaktor zu haben, rückt näher“, sagt Projektleiter Dr. Michael Hinderks.
Auf die letzten drei Jahre zurückblickend, stellt er fest: „Der Beginn der Abbauarbeiten gestaltete sich schwieriger als erwartet. Die Zerlegung des Dampftrockners und des Dampfwasserabscheiders hat mehr Zeit in Anspruch genommen als geplant. Bei den dann folgenden Teilen wie beispielsweise den Zwangsumwälzpumpen, den Steuerstabführungsrohren und dem Speisewasserverteiler sind wir im Plan geblieben.“
Der Grund für die Verzögerungen zu Beginn der Arbeiten lag in der Technik. Eine der größten Herausforderungen war von Anfang an die Leistungsfähigkeit der Sägen. Viele Geräte wurden für die Abbauarbeiten im RDB neu konstruiert und gefertigt. Das Bedienpersonal musste erst Erfahrungen damit sammeln. „Wir haben neue Geräte im Einsatz, deren Handhabung erst erlernt werden musste“, erläutert Andreas Peters, der für die Arbeiten im RDB auf der Anlage verantwortlich ist. „Es wurden erst einmal Erfahrungen gesammelt, welche Bauteile – zum Beispiel Antriebe, Sägeblätter – nach welcher Nutzungsdauer ausgetauscht werden müssen. Die Handhabung selbst dagegen funktionierte in der Regel gut.“
Auch die Zerlegung des Kernmantels gestaltete sich anfangs schwierig. „Die Mastbandsäge, die hierfür eingesetzt werden sollte, konnte nicht für den Einsatz qualifiziert werden. Die Zerlegung wird daher mit Kreissägen durchgeführt“, erklärt Andreas Peters.
Ein Thema spielte bei allen Arbeiten eine Rolle: die Reinigung der Arbeitsbereiche. Alle Sägearbeiten verursachen Späne, die aus dem Wasser entfernt und ordnungsgemäß entsorgt werden müssen. „Dabei war und ist es eine besondere Herausforderung, eine Vermischung der eingesetzten Abrasivmittel mit den Spänen zu verhindern. Beide Stoffe müssen getrennt entsorgt werden“, so Michael Hinderks.
Nach Abschluss der Arbeiten im KKB im nächsten Jahr werden die Arbeitsgeräte ins Kernkraftwerk Krümmel (KKK) gebracht. „Das KKK wird enorm von unseren Erfahrungen hier vor allem in Bezug auf Material und Einsatz der Geräte profitieren können,“ stellt Michael Hinderks fest. „Große Synergieeffekte zeigen sich bereits jetzt bei der Rückbauplanung für das KKK.“